(Newsletter 2019/26-27)

Neues vom Bundesgerichtshof


Optische Beeinträchtigung durch Transparent an der Außenfassade


Ein 4m breites und 1,5 m hohes Transparent an der Außenfassade eines Mietshauses mit dem Text: „Wir bleiben alle - soziale und widerständige Orte schaffen und erhalten“, ist eine schwerwiegende optische Beeinträchtigung. Die Nachbarn eines gekündigten und zwischenzeitlich geräumten Kiezladens in Berlin hatten das Transparent an dem straßenseitigen Balkon ihrer Mietwohnung mit Schnüren angebracht. Das Amtsgericht Berlin-Neukölln hatte die Vermieterin, eine in Luxemburg ansässige Kapitalgesellschaft, verurteilt, das Transparent am Balkon der Mietwohnung zu dulden. Die Berufung der Vermieterin gegen diese Entscheidung verwarf das Landgericht Berlin, weil der Streitwert unter 600 Euro läge und somit eine Berufung unzulässig sei. Der Bundesgerichtshof (BGH VIII ZB 66/18) hob diese Entscheidung auf. Der Wert des Beschwerdegegenstandes liegt über 600 Euro, das Landgericht Berlin muss noch einmal urteilen. Der Bundesgerichtshof erklärte, die Beschwerde der Vermieterin richte sich nach dem Werteverlust, den sie durch die Beeinträchtigung der Substanz und/oder des optischen Gesamteindrucks ihres Hauses erleide. Eine Substanzbeeinträchtigung, d.h. ein Beschädigung des Hauses, liege nicht vor. Aber durch das großflächige und auffällige, an der straßenseitigen Fassade angebrachte Transparent werde eine schwerwiegende optische Beeinträchtigung bewirkt. Zudem könne der Text des Transparentes den Eindruck erwecken, die Vermieterin missachte Mieterinteressen.

Fazit: Die Beschwerdesumme für eine Berufung ist erreicht. Das Landgericht Berlin muss neu entscheiden.




Christine Lambrecht neue Bundesjustizministerin: Als Nachfolgerin von Katarina Barley, die ins EU-Parlament gewechselt ist, wurde jetzt die bisherige Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, Christine Lambrecht, als neue Bundesjustizministerin vereidigt. Auch sie spricht sich für ein strengeres Mietrecht aus. „Wohnen darf in Deutschland nicht arm machen.“ Die CDU und CSU müssten in der Mietenpolitik endlich von der Bremse gehen, die SPD möchte die Mietpreisbremse verschärfen und verlängern, so ihre ersten Aussagen in einem Zeitungsinterview.

77.000 Unterschriften für Vergesellschaftung: Die Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ hat nach eigenen Angaben in Berlin genau 77.001 Unterschriften gesammelt. Die Unterstützerlisten für das so genannte Enteignungsvolksbegehren sind der Berliner Senatsverwaltung für Inneres übergeben worden. Die prüft jetzt, ob die Unterschriften gültig sind. Wenn mindestens 20.000 gültige Unterschriften zusammengekommen sind, wird das Volksbegehren offiziell eingeleitet. Dann muss die Senatsverwaltung auch prüfen, ob die Vorschläge rechtskonform sind. Die Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ will Wohnungsunternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen in Berlin vergesellschaften (enteignen), damit das Wohnen in der Hauptstadt bezahlbar bleibt.

Sozialwohnungsbestand schrumpft weiter: Genau 27.040 neue Sozialwohnungen wurden 2018 in Deutschland gebaut, gerade einmal 809 Einheiten mehr als ein Jahr zuvor. Wegen Auslaufens der Preisbindungen bei älteren Sozialwohnungen verringert sich aber der Bestand an Sozialwohnungen in Deutschland weiter. Zuletzt schrumpfte der Bestand um 49.000 auf etwa 1,2 Millionen Sozialwohnungen.

Haus & Grund produziert Falschmeldung: „Die Grundsteuer wird umlagefähig bleiben, egal wie die Reform gestaltet wird“, verkündete der Eigentümerverband Haus & Grund im Juni. Angeblich seien sich die Koalitionsparteien von CDU/CSU und SPD in diesem Punkt einig. Haus & Grund wertete das als eine hervorragende Nachricht und ein Signal hin zu einer vernünftigen, sachlichen Wohnungspolitik. Das Dumme ist nur: Die Nachricht ist falsch. Zwar wollen das Bundesinnenministerium und CDU/CSU an der Umlagefähigkeit der Grundsteuer nicht rütteln, Spitzenpolitiker der SPD bzw. die SPD-Fraktion sieht das aber anders. Sie zeigt wiederholt Sympathien für die Forderung des Deutschen Mieterbundes, die Grundsteuer aus dem Betriebskostenkatalog herauszustreichen.

Unterstützen Sie unsere Aktion „Grundsteuer raus aus den Betriebskosten“ mit Ihrer Unterschrift in der Online-Petition oder auf der Unterschriftenliste.




Modernisierung

Die Vergrößerung eines Badezimmers auf Kosten einer separaten Toilette ist keine Modernisierung, die eine Mieterhöhung rechtfertigt. Es liegt keine Wohnwertverbesserung vor, sondern eher eine Verschlechterung. Auch die Erneuerung der Sanitäreinrichtungen ist keine Wohnwertverbesserung und damit keine Modernisierung. Das gilt erst recht, wenn das Badezimmer bereits mit einer Spül-Stopp-Einrichtung der WCAnlage, einem Einhebelmischer und einer Abluftablage ausgestattet war (LG Hamburg 333 S 45/16).